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Die Sprache als Heimat: Hilde Domin in Rezitation und musikalischer Umsetzung
"Lesezeit" in der Schmuckschule Rainrod mit Ursula Illert, Anka Hirsch und Peter McAven

Die Veranstaltung der Reihe "Lesezeit" in der Schmuckschule Wittek in Rainrod zum zweiten Advent erfreute sich guten Besuchs. Kein Wunder, denn es hatten sich hierorts sehr bekannte Künstler angesagt: Ursula Illert, die man als Sprecherin und Rezitatoren von vielen Auftritten her und auch von Sendungen im Hessischen Rundfunk kennt, die Lauterbacher Cellistin und Komponistin Anka Hirsch sowie der aus Neuseeland stammende, in Grebenhain lebende Gitarrist Peter McAven. Gemeinsam haben sie das Programm "Auf der anderen Seite des Mondes – Lieder, Gedichte und Prosa von Hilde Domin" zusammengestellt, das nun seine insgesamt zweite Aufführung erlebte.
Die jüdische Dichterin Hilde Domin wurde im jahr 1909 als Hilde Löwenstein geboren. 1932 emigrierte sie mit ihrem Mann Erwin Walter Palm zunächst nach Rom und lebte weiter im Exil in der Dominikanischen Republik und in den USA. 1954 kehre sie nach Deutschland zurück und lebte in Frankfurt und zuletzt in Heidelberg, wo sie Anfang des letzten Jahres starb. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen und veröffentlichte mehr als zehn Gedichtbände, mehrere Romane und autobiographische Schriften.
Aus diesem umfangreichen Werk hatten Illert, Hirsch und McAven eine Auswahl getroffen, die Ansatzweise den Lebensweg, vor allem aber die Gedankenwelt und die besondere Sprache Domins repräsentierte. Besonders eindrucksvoll erschienen dabei die poetisch-autobiographischen Texte, welche Traum, Realität, Erinnerungen sowie deren sehr emotionale, sprachliche Umsetzung umfassten. Diese Texte sowie die Gedichte über das Schreiben, die Liebe und über die Heimatlosigkeit, einige der hauptthemen Domins, wurden von Ursula Illert einfühlsam und mit der ihnen innewohnenden Intensität gesprochen. Eine Intensität, die wohl daher rührt, dass Domin in ihrer Vertriebenheit ihre Sprache als ihre Heimat identifizierte und ihr eine große Liebe entgegen brachte.
Der bedrändende, fordernde und eine gewisse Sogwirkung hervorrufende Rhythmus der Texte wurde von der Musik Anka Hirschs weitgehend bruchlos aufgenommen. Diese war zum Teil speziell dafür komponiert, zum anderen Teil bestand sie aus Neuarrangements von Stücken der CD "La trace du lézard". Auch die vorwiegend dunkle Farbgebung der Gedichte fand in der Harmonik der Musik ihren Niederschlag. Lesung und Musik gingen meist unmittelbar ineinander über, was die beiden Ausdrucksformen auf eine Stufe stellte und ein hohes Maß an Verinnerlichung bewirkte.
Wunderbar harmonisierten auch die Klänge von Cello und klassischer Gitarre. McAvens warmes, fein nuanciertes Spiel und Anka Hirschs druckvoll virtuose, facettenreiche Interpretationen zogen die Zuhörer ebenso in ihren Bann wie die Gedichte. Bei aller Emotionalität und Nachdenklichkeit blieb dabei die Darbietung doch markant und aussagekräftig.
Das Publikum folgte der Vorstellung höchst konzentriert, wozu sicher auch das spezielle Ambiente im Saal der Schmuckschule mit der filigranen, phantastischen Dekoration durch Victoria Wittek seinen Teil beitrug. Dem anhaltenden Applaus folgten noch ausführliche Gespräche.

Martin Krauss

Bilder: Krauss