Perfekter Start in die 58. Hohhaus-Konzertsaison
Intensives Musikerlebnis mit dem Meister-Duo Ulf Schneider und Stephan Imorde
Guter Besuch zum ersten Konzert der 58. Saison der Lauterbacher Hohhaus-Konzerte. Im „Meister-Konzert“ war das Duo Ulf Schneider (Violine) und Stephan Imorde (Klavier) angekündigt, das bereits im Februar 2008 auftreten sollte, damals aber wegen eines Krankheitsfalls absagen musste.
An den Beginn des Programmes hatten Schneider und Imorde, nicht zuletzt wegen des Mendelssohn-Jahres, die f-moll-Sonate op. 4 von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-47) gesetzt, welches das musikalische Wunderkind mit nur 14 Jahren komponiert hatte. Das Frühwerk merkt man dieser Komposition deutlich an, jedoch lediglich stilistisch, keinesfalls in der kompositorischen Technik oder der verarbeiteten Ideen. Die Musik scheint eine bewegende Geschichte zu erzählen und ist geprägt von eindringlicher Melodik im Spannungsbogen von Melancholie und großer Lebhaftigkeit.
Ulf Schneider und Stephan Imorde gossen das musikalische Material zu einer kompakten und substanziellen Klangstruktur. Schneider mit traumwandlerisch sicherer und kraftvoller Strichführung formte jeden Ton behutsam aus und gefiel durch exzellente dynamische Ausgestaltung und beredte Phrasierung. Stephan Imorde gelang hingebungsvolles und dennoch kontrolliertes, ausdrucksvolles weil fein nuanciertes Spiel, das auch im anspruchsvollen rhythmischen Zusammenspiel des Finalsatzes bei aller Perfektion nichts an Lebendigkeit einbüßte.
Auch in Edvard Elgars (1857-1934) e-moll Sonate op. 82 wurde das Duo durch den intensiven Dialog beider Stimmen der Dramatik und Leidenschaft der Komposition voll gerecht. In der programmatischen Zusammenstellung ergab sich eine Steigerung, die auf einen Höhepunkt hindeutete, obgleich hier bereits die hohe Kunst des musikalischen Ausdrucks zu erleben war.
Besagter Höhepunkt kam dann nach der Pause in Gestalt der Sonate für Violine und Klavier des tscheschichen Komponisten Leos Janacek (1854-1925). Zauberisch, effektvoll, allezeit spannend, aufwühlend und teilweise gar verstörend erscheint diese mitreißende Sonate, die den Interpreten viel abverlangte. Nach dem letzten Ton hat der Zuhörer das Gefühl, einem bedeutenden Ereignis beigewohnt zu haben, und es war das klare Verdienst von Schneider und Imorde, diesen Eindruck mit maximaler Intensität vermittelt zu haben.
Hier hätte das Konzert zuende sein können, vielleicht noch eine hübsche, kleine Zugabe, und keiner, der bei Sinnen ist, hätte sich beschwert. Aber keineswegs. Schneider und Imorde verfügten noch über hinreichend Spannkraft, um mit der a-moll-Sonate op. 105 von Robert Schumann ein ähnlich bedeutugsträchtiges Werk nachfolgen zu lassen. Nun eines, das man im Gegensatz zu Janacek recht häufig hört, wenn auch beileibe nicht immer in dieser Qualität.
Dennoch konnte es einem schon schwer fallen, sich nach dem mitreißenden Janacek nochmals in ein weiteres Werk einzuhören, doch gelang es dem Duo nach einigen Takten die Zuhörer abermals in Bann zu schlagen. Es waren letztlich wohl neben der Perfektion in Technik und Zusammenspiel die Expressivität, der unbedingte Gestaltungswille und die Gestaltungskompetenz der Musiker, die dafür sorgten, dass man keinen Ton der wunderschönen und versteckt humorvollen Komposition versäumen mochte.
Aber auch die Zugaben, die das begeisterte Publikum heftig erklatschte, waren nicht nur kleine, hübsche Stückchen. Mit Michelle Pauline Viardot Garcia (1821-1910) machten Schneider und Imorde das Publikum mit einer aussergewöhnlichen Frau vertraut, die vor allem als Sängerin, Pianistin (Schülerin von Franz Liszt) aber auch als Komponistin (Schülerin von Anton Reicha) hohes Ansehen genoss. Zwei ihrer recht kurzen, aber sehr kunstvollen und einprägsamen Stücke krönten ein aussergewöhnliches Musikerlebnis, das lange im Gedächtnis bleiben wird.