zurück

 

Wer lacht ist nahe bei sich selbst und bei der Wirklichkeit
Dr. Christoph Quarch referierte im Hohhaus über die Philosophie des Humors

Bereits zum siebten Mal hielt der Fuldaer Philosoph Dr. Christoph Quarch auf Einladung des „Vereins zur Förderung der psychiatrischen Einrichtungen der Stiftung Heilanstalt für Kranke“ einen Vortag im Lauterbacher Hohhaus. Baronin Ulrike Riedesel konnte sich trotz widriger Wetterbedingungen wieder über einen fast voll besetzten Saal freuen und begrüßte die Gäste, den Referenten sowie Helfer und Sponsoren.
Die Themen der Vorträge von Dr. Quarch in Lauterbach sind meist recht weit gespannt. So referierte er in den Vorjahren etwa über das Glück oder den Tod. Quarch bleibt dabei weitgehend bei seinem Metier, der Philosphie, und liefert einen ideengeschichtlichen Abriss mit starkem Bezug auf die Jetztzeit und das Leben des Einzelnen. Auf vergleichbare Weise näherte er sich in diesem Jahr dem Thema Humor, oder, wie er präzisierte, der Weisheit des Lachens. „Wer bewusst lacht, lacht am besten“, fomulierte er als Ausgangsthese.



Eine enge Verbindung zwischen Humor und Philosophie bestehe seit Beginn dieser Wissenschaft. Schon Thales von Milet (um 600 v. chr.), der als Begründer der Philosophie gilt, sei Zielscheibe von Gelächter geworden, weil er die Dinge des Himmels untersuchte, aber scheinbar keine Ahnung davon hatte, was vor seinen Füßen vor sich ging. Der „Philosoph als Lachnummer“ ziehe sich seitdem als Motiv durch die Jahrhunderte. Quarch bewies damit seine Fähigkeit über sich selbst zu lachen, die, wie er später entwickelte, in diesem Kontext höchst wichtig ist.
Quarch beleuchtete dann die Haltung der bekannten Philosophen des Altertums Plato und Aristophanes zum Humor, ausgehend von der damals üblichen Form der Komödie. Sie arbeiteten heraus, dass es häufig das Hässliche und das Groteske ist, das zum Lachen reizt – kein Wunder, dass die Schüler der Stoa das Lachen an sich ablehnten. So weit ging Plato freilich nicht. Spätere Philosophengenerationen rehabilitierten das Lachen teilweise. Zwar bezeichnete Aristoteles die Komödie noch als die „Nachahmung des Gemeinen“, was zwar erhellend sein könne, aber auf keinen Fall übertrieben werden dürfe, entdeckte in seinen Schriften über Rhetorik aber auch den Humor als Waffe. Was aber lässt den Menschen lachen? Zusammen mit römischen Philosophen entstand die Idee, dass enttäuschte Erwartung Auslöser des Lachens sei, was Quarch an Textbeispielen von Robert Gernhard und Dieter Nuhr herrlich belegen konnte.
Französische Philosophen des 18. Jahrhunderts wiesen auf die komische Wirkung von Normabweichungen hin, z.B. von der Mode. In England erkannte man die Fallhöhe als komisches Element: komisch sei der Widerspruch zwischen dem, was etwas ist und dem, was es zu sein beanspruche. Auch hierfür lieferte Quarch anschauliche Beispiele.
Schließlich gelangte Quarch zu Immanuel Kant – nicht gerade für Schenkelklopfer bekannt, aber auch er beschäftigte sich mit Witzen. Er beschrieb das Lachen als einen Affekt auf die Verwandlung einer Erwartung in Nichts.
In einem dritten Vortragsteil stellte Quarch die Frage, was bewusstes, geistreiches Lachen ausmache. Der Philosoph Friedrich Nietsche und der Komedian Dieter Nuhr dienten dabei als Ideengeber. Die schon zuvor beschriebene „Ent-Täuschung“, die man häufig mit Lachen quittiert, sei an sich schon eine Befreiung. Wenn sie dann noch aufbauenden Charakter hätten, so seien Humor und Lachen positive Kräfte, denn der Mensch komme damit sich selbst und der Wirklichkeit näher, indem er seine Wirklichkeitsinterpretationen, seine Denkgebäude und Normen mit dem Mittel des Humors hinterfrage.
Damit lacht man quasi fast immer über sich selbst, und wo gelacht wird, „öffnet sich ein tieferer Raum des Verstehens“. Das Publikum hatte diesen unterhaltsamen und humorvollen Vortrag gut verstanden und lächelte fortan auf hohem Niveau.