Traumhafter "Sommernachtstraum" in temperamentvoller Aufführung
Zwei Mal ausverkauftes Haus beim Schultheater des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums
Im Alexander-von-Humboldt-Gymnasium Lauterbach können die Schüler nicht nur zwischen Kunst und Musik wählen. Als drittes künstlerisches Fach wird "Darstellendes Spiel (DS)" angeboten und kann als reguläres Schulfach bis zum Abitur belegt werden. Schüler dieser Kurse unter der Leitung von Sigrid Gebel hatten bereits mehrfach durch ansprechende Aufführungen von sich reden gemacht. In diesem Jahr fand das Schultheater eine Nummer größer statt: an zwei Abenden auf der erweiterten Bühne und im Saal des benachbarten Hotels Johannesberg, der an beiden Abenden bis auf die Emporen hinauf mit Zuschauern gefüllt war.
Zum Beginn stellte der Einführungskurs der Theater-AG (Jahrgangsstufen 9 und 10) eine Szenenfolge aus Peter Handkes Stück "Publikumsbeschimpfung" (UA 1966) vor. Handke macht darin das Theater selbst zum Thema des Stückes und hinterfragt die eingefahrenen Rollen. Diese Intention wurde von den Lauterbacher Schülern adäquat umgesetzt: durch einen schleichenden Übergang von Wirklichkeit zum Spiel, durch das Aufgreifen der Erwartungshaltung des Publikums ("Wir zeigen Ihnen nichts!") und durch das Aufbrechen der klassischen Konstellation zwischen Akteur und Zuschauer.
Der Hauptakt des Theaterabends war die Inszenierung von William Shakespeares Komödie "Ein Sommernachtstraum" (UA vor 1600). Das ist ein dankbares Stück, das schnell und kurzweilig daher kommt und viele Lacher garantiert, darum für die Schauspieler aber keine leichte Aufgabe. Gerade die vielen kurzen Szenen machen es dem Akteur schwer, sich einzufinden – und dass überhaupt jeder zur richtigen Zeit am richtigen Ort erscheint erfordert exakte Organisation. In dieser Hinsicht erwies sich die Einstudierung des DS-Kurses der Stufe 12 als perfekt, und auch das Stellungsspiel aller war ausgezeichnet.
Shakespeares "Sommernachtstraum" ist eine verwirrende Verwechslungs- und Liebeskomödie, die auf vier Ebenen spielt. Da wäre die fürstliche mit Theseus, dem Herzog von Athen, der Hippolytha heiraten will. Dann die bürgerliche Ebene mit dem Liebespaar Lysander und Hermia auf der einen sowie Demetrius und Helena auf der anderen Seite, die einen Beziehungsstreit zu viert führen. Auf der dritten Ebene eine Schar Handwerksburschen, die planen, ein Theaterstück um eine tragische Liebe aufzuführen. Schließlich gerät die Handlung in den Wald und in die Welt der Elfen. Deren König Oberon läßt seiner Frau Titania durch den schelmischen Elf Puck einen Streich spielen unter Verwendung eines Zaubermittels, das in denjenigen verliebt macht, den man beim Erwachen zuerst erblickt. Puck geht verschwenderisch mit diesem Mittel um und stürzt damit auch die Handwerker und die bürgerlichen Liebespaare in vorübergehendes Chaos. Die Ebenen geraten durcheinander. Am Ende aber findet jeder seine passende Geliebte und auch das Theaterstück der Handwerker wird ein Lacherfolg bei Hofe.
Also viel Aktion, viel Verwandlung, viel Wortwitz in Shakespeares derben und zugleich eleganten Versen, viel Komik und gespielte Tragik, die gespielt wirken muss. Denn die Handwerker-Schauspieler sind natürlich eigentlich schlechte Schauspieler, man muss jedoch ein guter Schauspieler sein, um jemanden zu spielen, der schlecht schauspielert.
In einer effektvollen Kulisse unter der gekonnten Lichtgestaltung von Kim Hartmann mit phantasievollen Kostümen zeigten die Schüler eine solide bis ausgezeichnete Leistung. Was ihnen zwangsläufig ermangeln muss, nämlich der Sprechunterricht eines professionellen Mimen, machten sie durch Engagement und Hingabe wett. Shakespeare hätte seine Freude gehabt. Aber auch die Artikulation war gut einstudiert, man hatte selbst hinten im Saal nie Probleme, zu verstehen. Die Darsteller steigerten sich im Verlauf der Handlung erkennbar, wurden zunehmend sicher und erfüllten ihre Rollen mit Leben und Charakter. Für das publikum gibt es beim "Sommernachtstraum" einige Paraderollen, die stets den meisten Applaus einheimsen. Das ist die des Puck, der weniger gewitzt schelmisch denn clownesk ausgelassen interpretiert wurde, die Rolle der frustrierten Helena, die besonders gut gegeben wurde, sowie natürlich auch die Rolle des Zettl, in einer Hosenrolle perfekt dargeboten.
Eine interessante Auslegung wählte Sigrid Gebel zur Darstellung der Elfenwelt: Oberon als Macher mit weißem Jackett, die Elfen nicht als zarte Wesen mit Flügeln, sondern langbeinig mit Netzstrümpfen, das war eine nachdenkenswerte Interpretation.
Insgesamt eine runde, hervorragende Leistung eines engagierten Schultheaters, das von Musikerinnen aus dem Musik-LK der Stufe 12 unter Cornelia Bothe ausgezeichnet begleitet wurde. Das Publikum war an beiden Abenden zurecht begeistert und applaudierte laut und anhaltend.
Alle Fotos © M. Krauss
Mitwirkende:
DS-Kurs der Stufe 12, Leiterin Sigrid Gebel:
Theseus: Benjamin Lohn / Hippolyta: Alena Rockel (am Dienstag Nadine Malchar) / Egeus: Joshua Hall / Helena: Sarah Bothe (Di.: Verena Wagner) / Hermia: Charlotte Spornitz (Di.: Vanessa Hoos) / Demetrius: Fabian Eurich / Lysander: Daniel Schönhals / Oberon: Sebastian Kilper / Titania: Martha Mamorski (Di.: Nina Ruhl) / Puck: Julia Busch (Di.: Felicitas Melcher) / Elfen: Christina Lellig und Angelika Mehling / Peter Squenz: Birka Becker (Di.: Kim Hartmann) / Zettl: Miriam Cimander (Di.: Nadine Schmidt) / Flaut: Roman Taday / Schlucker: Marcel Greb / Schnauz: Jan Segert / Schnock: Kai Stocklöw
Musik-LK der Stufe 12, Leiterin: Cornelia Bothe:
Maria Eschenröder, Jenny Kalbfleisch, Nora Leuner, Felicitas Mechler, Katrin Neuhof, Lisa Siewertsen