Vom Mäzen, dem Meister und ihrem Musentempel
Jürgen Hedrich referierte im Hohhaus über König Ludwig II und Richard Wagner
Im gut besuchten Rokokosaal des Hohhauses begrüßte Museumsleiter Wolfgang Wiehl das Publikum zum alljährlichen musikhistorischen Vortrag von Jürgen Hedrich und stellte bei dieser Gelegeheit auch mit Dr. Georg Striehl seinen Amtsnachfolger vor. Wiehl pries die Vorträge Hedrichs aufgrund dessen ansteckenden Enthusiasmus' als Höhepunkte der Vortragsveranstaltungen im Hohhaus.
Und Jürgen Hedrich hatte sich dieses Mal zwar wieder ein historisches, aber zugleich ein, nicht zuletzt für das Hohhaus, brandaktuelles Thema gesetzt, nämlich das Mäzenatentum am Beispiel des Königs Ludwig II von Bayern und Richard Wagners. Das 125. Todesjahr des revolutionären Kompnisten war ihm dafür Anlass.
Der junge König Ludwig (1845-86) und der Meisterkomponist Wagner (1813-83) trafen sich erstmals im Jahr 1864. Ludwig entwickelte eine an Schwärmerei grenzende Bewunderung für Wagner und Begeisterung für dessen Musik. Er stattete den Musiker finanziell reich aus und holte ihn nach München – indessen ohne, wie heute üblich, seine künstlerische Freiheit auch nur im geringsten einzuschränken oder ihn zu instrumentalisieren.
Wagner genoß diese Freigebigkeit und erwiderte die Sympathie des Monarchen. Er lohnte seinen Einsatz durch hohe Schaffenskraft und Kreativität. Einige der bedeutsamsten Werke entstanden zu jener Zeit. Die Idealisierung der Begriffe Freundschaft und Liebe fand ihren deutlichen Niederschlag in den Werken.
Nicht zuletzt planten Ludwig und Wagner über viele Jahre den Bau eines Festspielhauses ausschließlich für die Musik dieses einen Künstlers. Symbolträchtige Architektur lieferte der Berliner Baumeister Gottfried Semper. In den Köpfen der Beteiligten entwickelte sich eine Art Kunstreligion, und das Festspielhaus sollte ihr Tempel sein. Die Frage für welches Publikum dieser Tempel sein sollte war dabei mehreren Wandlungen unterzogen: von der gewünschten Verbindung zwischen Monarch, Künstler und Volk bis hin zur Zielgruppe einer esotherisch-exklusiven Schicht. Man kann sich beim heutigen Bayreuther Festspielhaus durchaus fragen, was sich da letztlich durchgesetzt hat.
Hedrichs Hauptaugenmerk lag jedoch auf der Rolle Ludwigs als Endecker und Förderer des großen Komponisten. Er zeigte damit auf, dass auch Schwärmerei und wirtschaftliche Unvernunft zumindest gelegentlich in der Lage ist, Großes hervorzubringen. Denn was wäre wohl aus dem erfolglosen und verarmten Musikschreiber Wagner geworden, hätte sich nicht Ludwig für ihn begeistert – und das trotz erheblicher Widerstände von Anfang an, zum Beispiel durch den Adel und den Klerus (also just die Kräfte, die hierorts der Kunst eher zugetan sind). Hedrich überließ es im Übrigen jedoch dem publikum, selbst Schlüsse auf heutiges Mäzenatentum zu ziehen.
Stattdessen würzte er seinen wohlstrukturierten Vortrag, der weder eine Zeittafel noch Zitate aus Briefen und Stimmen der Zeitgenossen vermissen ließ, mit zahlreichen, von CD eingespielten Musikbeispielen in hervorragend ausgewählten Aufnahmen sowie mit einer eindrucksvollen Dia-Serie von den Schlössern und Gärten, die ludwig bauen bzw. anlegen ließ.
Zuletzt entließ Hedrich seine Zuhörer mit einem Langgedicht von Markus Schmitt aus unseren Tagen, welches das Leben des Königs nachzeichnete und eine neue Theorie über seinen Tod aufstellte. Das Publikum dankte dem Referenten durch kräftigen Applaus.
Martin Krauss
Konzentration und Hingabe: Jürgen Hedrich beim leidenschaftlichen Vortrag über ein großes Thema.