Das unruhige Leben des Felix Mendelssohn-Bartholdy im Vortrag
Enthusiastische und detailreiche Darstellung des Komponisten durch Jürgen Hedrich im Hohhaus
Das Leben des Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) war kurz. Dennoch bot es hinreichend Stoff für einen mehrstündigen Vortrag im Lauterbacher Hohhaus, bei dem die sehr zahlreichen Zuhörer unter anderem auch erfuhren, warum es ein solch kurzes Leben war. Der etwas atemlose Vortrag anlässlich des 200. Geburtstages stellte das Musikgenie vor allem als rastlosen Arbeiter vor, der zeitweise mehrere Anstellungen in verschiedenen Ländern Europas zugleich innehatte, der von Musikfestival zu Auftritt zu Aufführung reiste (in Zeiten ohne Düsenjet und Autobahn), dabei auch von Erfolg zu Erfolg eilte und sich dabei wohl zu sehr verausgabte.
Trotz der Fülle des biographischen Materials bemühte sich Jürgen Hedrich, der im Hohhaus bereits viele Komponistenportraits vorwiegend von Künstlern aus der Klassik und Romantik dargeboten hat, erfolgreich um eine klare Strukturierung und eine ausgewogene Mischung aus Information, Klangbeispielen, Zitaten und Bildmaterial. Unterstützt wurde der Referent von Martin Günkel, der die Zitattexte ablas.
Am Beginn des Referates stand die Zeittafel, die für die Zuhörer hilfreich war, um bei den späteren Betrachtungen den Überblick nicht zu verlieren. Die Geburt am 3. Februar 1809 in Hamburg, die Flucht der Eltern bereits zwei Jahre später nach Berlin, die Wirren der napoleonischen Zeit, die früh einsetzende und umfangreiche musikalische Ausbildung, bedeutsame Zuammentreffen, die Werke und ihre Uraufführungen, die Engagements, Heirat und andere familiäre Zusammenhänge, all dieses beleuchtete bereits in der tabellarischen Form die hohe Intensität des Lebens eines ehemaligen musikalischen Wunderkindes.
Felix Mendelssohn-Bartholdy als einen Mann, dem schon seine Zeitgenossen (und nun auch Jürgen Hedrich) neben der Bewunderung für die künstlerische Leistung auch viel Sympathie entgegenbrachten, lernten die Zuhörer dann im ausführlichen Vortrag kennen, der von Musikbeispielen eingerahmt war. So durfte man u.a. die Ouverture zum Sommernachtstraum, einen Auszug aus dem Oratorium „Paulus“, einen Satz aus der italienischen Symphonie in kompetent ausgewählten CD-Einspielungen hören.
Hedrich sparte an nicht gesicherten Anekdoten, ohne sie freilich ganz auszulassen. Das Beispiel von Mendelssohn als Festredner mit Witz und Charme und viel Kollegialität zu anderen Künstlern stellte er voran. Als Leitfaden für den Vortrag dienten daraufhin die aufgezeichneten Erinnerungen von Felix’ Schwester Rebecca, zahlreiche Briefe sowie Aussagen von Zeitgenossen. Rasch wurde deutlich, dass der geniale Komponist, Pianist und Organist sowie Dirigent auch eine hohe Sprachbegabung besaß sowie über Ironie, Witz und Charme verfügte.
Atemberaubend das Leben, das sich so darstellte. Als quasi Pendler zwischen Berlin, Leipzig und Frankfurt, wo er Chöre und Orchester leitete und Aufführungen organisierte, zudem nach Düsseldorf, wo er mehrfach einem bedeutenden Musikfestival vorstand, in Reisen nach England, Schottland und mehrfach nach Italien, als Gesprächspartner so bedeutender Literaten wie Goethe, Sir Walter Scott und Lord Byron, als Kämpfer in der Kulturpolitik zeitgleich in mehreren ländern und schließlich ausserdem noch als liebevolles Familienmitglied und schließlich Ehemann wurde Felix Mendelssohn-Bartholdy den stauenden Zuhörern vorgestellt. Dass er sich ausserdem um die gleichsam Wiederentdeckung von Johann Sebastian Bach verdient machte und ein Konservatorium gründete waren noch zusätzliche Facetten eines wildbewegten Künstlerlebens.
Hedrichs hingebungsvoller und kenntnisreicher Vortrag mündete in die Präsentation von Bildern, welche Weggefährten des Komponisten und einige seiner Wohnsitze zeigten. Der große Applaus am Ende galt gewissermaßen beiden: dem Musikgenie Mendelssohn wie seinem Chronisten, der den Menschen hinter den großen Werken kenntlich gemacht hatte.