Ausgeprägte Musik-Charaktere im Leibniz-Trio
Ausverkauftes Gastkonzert von hr2-kultur im Lauterbacher Hohhaus
Ausverkauftes Haus beim Hohhaus-Konzert. In Kooperation des Kreises der Lauterbacher Musikfreunde mit dem Deutschen Musikrat und hr2-Kultur trat das Leibniz-Trio auf, mit Hwa-Won Pyun (Violine), Lana Wignjosaputro (Cello) und Nicholas Rimmer (Klavier), der schon einmal im Januar 2008 zusammen mit Nils Mönkemeyer im Hohhaus aufgetreten war. Die Fachbereichsleiterin für Kammermusik bei hr2-Kultur, Susanne Scheffer, begrüßte Musiker und Publikum und wies auf den Sendetermin am Sonntag, 20. März um 20.05 Uhr hin.
Das Programm des Leibniz-Trios wies Vertrautes, aber auch Überraschungen auf. Man begann mit dem C-Dur-Trio von 1797 von Joseph Haydn, eine Komposition, die wie für das Leibniz-Trio geschaffen schien: ein sehr verspielter, vertrackter und etwas dominanter Klavierpart und energische Linienführung in den Streicherstimmen. Das Leibniz-Trio legte Haydns Werk leicht und fließend an und strahlte dabei Souveränität und spielfreude aus. Das finale presto gelang den jungen Musikern leidenschaftlich und höchst virtuos.
Hierorts selten zu hören ist das Trio über irische Volkslieder des schweizerischen Komponisten Frank Martin (1890-1974). Derartige Bearbeitungen sind in der Musikgeschichte schon häufig schief gegangen, Martins Adaptionen irischer Lieder stellt da ein rühmliches Gegenbeispiel dar, da die Lieder in seinem kunstvollen Satz nichts von ihrem Charakter verloren haben. Den Interpreten vom Leibniz-Trio lag auch dieses Stück gut. Sie spielten in höchst harmonischem Zusammenspiel kraftvoll, präzise und in ausgezeichneter Akzentuierung.
Es folgte das Piano Trio aus dem Jahr 2006 von Joseph Finlay. Es kommt selten vor, dass der Komponist bei der Aufführung seines Werkes im Hohhaus selbst anwesend ist. Susanne Scheffer nutzte diese Gunst geschickt, indem sie den geborenen Londoner vor der Aufführung interviewte, wobei ihr Nicholas Rimmer als Dolmetscher assistierte.
Finlay gab gut gelaunt Auskunft über die Geschichte seines Trios und dessen Konzeption. Er und Rimmer kennen sich schon lange, der Pianist inspirierte die Arbeit mit. Finlay bezeichnet sich selbst als postmodernen Komponisten, der Einflüsse aus Jazz, Rock und Pop in seine Werke einfließen lässt. Beim vorliegenden Trio habe er sich um eine klare Struktur bemüht. Um einen Ton als Keimzelle, der obsessiv wiederholt werde, ergäben sich Beziehungen zu benachbarten, aber auch zu einem utopisch weit entfernten Ton. Durch dessen Überwindung werde der Ausgangston aus seinen Fesseln befreit.
In der Tat hatte das Finlay’sche Trio etwas Martialisches im Kampf der Töne und der Stimmen, die mit druckvollem Glissando auf ihrem Ausgangston beharrten. Viel Aufregung war in dem Stück enthalten, aber auch Entspannung und ein hohes Maß an Schönheit. Hier wurde im Wortsinne konzertiert, ein mitreißender Wettstreit entwickelte sich, in dem lediglich Hwa-Won Pyun etwas mehr Führungsqualität hätte zeigen können. Technisch und im Ausdruck zeigten sich alle drei Musiker auf höchstem Niveau, besonders Nicholas Rimmer in seinem haarsträubenden Klavierpart, der ziemlich rockte.
Man hätte hier eigentlich die Pause gebraucht, aber nun stand noch ein großes Werk, nämlich das Trio Nr. 3 g-moll op. 110 von Robert Schumann auf dem Plan. Auch des Ausdrucks der Romantik erwies sich das Leibniz-Trio mächtig, wenn auch auf seine eigene Art. Joseph Finlay schien nach der Aufführung seines Trios glücklich, ob Schumann das auch gewesen wäre? Puyn, Wignjosaputo und Rimmer belegten das Werk stark mit ihrem individuellen Duktus. Werkgetreuer wäre es wohl gewesen, den zweiten Satz zarter anzulegen und im vierten den vom Komponisten geforderten Humor deutlicher herauszustellen. So wurde es eine andere, sehr eigenständige – und höchst niveauvolle Interpretation, die erfrischend markant war und technisch perfekt gelang.
Das Publikum nahm auch das Schumann-Trio begeistert auf, und man weiß, dass unter ihnen besonders viele Romantik-Freunde sind. Das Leibniz-Trio erhielt verdient anerkennenden und anhaltenden Applaus, der nur deswegen keine Zugabe erbrachte, weil das Konzert ohnedies schon über zwei Stunden gedauert hatte.