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In „Letters from God“ von Anka Hirsch konnten die Zuhörer vieles finden
Musik in der Stadtkirche mit Uraufführug einer Kantate durch das Vokalensemble

Das Chorkonzert mit der Nr. 705 in der Reihe „Musik in der Stadtkirche Lauterbach“ wurde vom Lauterbacher Vokalensemble unter Leitung von Karin Sachers mit einem Programm gestaltet, das mehrere Besonderheiten zu bieten hatte, zuvorderst eine Uraufführung.
Zunächst brachte das Vokalensemble jedoch vier Werke aus seinem Repertoire, beginnend mit der fünfstimmigen Motette „Das ist mir lieb“ nach dem Psalm 116 (SWV 51) von Heinrich Schütz. Die bewegende, musikalische Nachzeichnung eines tiefen Gedankenganges wird hier in der ausgefeilten polyphonem Harmonik des frühen 17. Jahrhunderts durchaus dramaturgisch umgesetzt. Das Vokalensemble klang klar, sehr genau artikuierend, rhythmisch präzise und stimmlich nahezu ausgewogen, die acht Frauen- und sechs Männerstimmen schienen gut vorbereitet und bestens eingestimmt.
Nach einem Text aus den biblischen „Klageliedern“ schuf Rudolf Mauersperger (1889-1971) „Wie liegt die Stadt so wüst“ für fünf bis sieben gemischte Stimmen. Kennzeichnend hier der starke Ausdruck von Trauer, von Schrecken und Verlust. Umgesetzt wird dies mit einem Ausdrucksspektrum zwischen Weichheit und Schärfe mit großem dynamischem Umfang. Es vermittelt sich ein Gefühl von Schwere, die das Vokalensemble sicher trug. Karin Sachers forderte die Ausdruckskraft dieses Werkes als Dirigentin energisch ein und wurde von ihren Sängern nicht enttäuscht.



„O Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens“, das op. 37 Nr. 1 von Kurt Hessenberg (1908-94) erwies sich als höchst anspruchsvoll in der Linienführung, wirkt aber als Komposition fast etwas unbeholfen, sehr absehbar in der Wahl der Mittel und, obwohl es ja ein recht neues Werk ist, schon weniger zeitgemäß als etwa des 350 Jahre alte Schütz. Dennoch war es eine künstlerische Bewährungsprobe für das Vokalensemble, das diese bestens meisterte.
„Which was the Son of...“ nach Lukas 3 von dem Esten Arvo Pärt (* 1935) war schon mehrfach vom Vokalensemble vorgetragen worden. Pärt schafft es immer wieder, Modernität, Spiritualität und Verständlichkeit miteinander zu vereinen. Die monotone Abstammungsfolge in Lukas 3 mag für uns langweilig daher kommen, für viele Christen anderer Kulturen sind diese Bibelstellen jedoch mit die Wichtigsten, als Beweis für die Wahrheit alles Gesagten. Musikalisch ist das Stück ohnedies alles andere als langweilig, wenn man (was bei Pärt freilich notwendig ist) nuanciert zuhört. Das Vokalensemble kann dieses Werk inzwischen als sein Paradestück bezeichnen. Die Umsetzung der wichtigen kompositorischen Details gelingt hier regelmäßig großartig und macht das Stück jedes Mal zu einem Erlebnis.



Das Konzert war für eine „Musik in der Stadtkirche“ gut besucht – dafür, dass eine Uraufführung auf dem Programm stand, hätte es allerdings wohl etwas mehr Beachtung verdient. Die Lauterbacher Musikerin und Komponistin Anka Hirsch stellte erstmals ihre Kantate „Letters from God“ vor, die sie Karin Sachers gewidmet hat, als Dank und Anerkennung für jahrzehntelange, inspirierende Zusammenarbeit. Aufgeführt wurde es vom lauterbacher Vokalensemble mit Karin Sachers (Leitung) am Klavier und mit Anka Hisch selbst am Cello sowie Ulrike Schimpf am Saxophon.



Besonders beeindruckend an „Letters from God“ war seine konzeptionelle Schlüssigkeit und stilistische Klarheit. Schon in der Introduktion finden sich Kontrast und Vielfalt als prägnante Mittel, die sich schließlich zur gemeinsamen Melodie finden.
Anka Hirsch war auf die Tietelgebenden Zeilen in einem Gedicht von Walt Whitman gestossen und nahm die Verse „I find letters from God, dropped in the street“ als Ausgangspunkt für die Kantate, die Texte ganz verschiedener Kulturen und Religionen zu einem Gotteslob und eine Liebeserklärung an die Welt vereint. Im Zeitalter des relativ problemlosen kulturellen Austausches wollte sie damit ein Zeichen dafür setzen, die Welt in allen Facetten wahrzunehmen und das Verbindende bei allen Unterschieden nicht zu vergessen.
Vielseitigkeit daher auch in den musikalischen Stilmitteln, die jedoch gemeinsam einen eigenen, markanten Kompositionsstil ergaben. Für das Vokalensemble war diese Kantate anspruchsvoll, zumal auch Solostimmen hervortraten. Aber auch hier mekrte man den Sängern die Begeisterung und die kompetente Einstudierung an, das schwierige Werk wurde sauber durchgestanden und kunstvoll umgesetzt. Für die Zuhörer war es spannend, altbekannte Texte wie „Alles hat seine Zeit...“ aus dem 139. Psalm mit solchen fremder Kulturen wie einem Mantra aus dem Sufismus konfrontiert zu hören, wobei die Musik quasi der Schlüssel zum Eintritt in die fremde Kultur bedeutete.



Die Aufführung stieß auf begeisterten Applaus, so dass noch eine Zugabe gegeben wurde. Karin Sachers und Anka Hirsch konnten erneut einen gemeinsamen Erfolg feiern.