Überraschungen und Kontraste prägten das Konzert
Blockflöten-Ensemble QNG gastierte bei den Hohhaus-Konzerten
Ein "musikalisches Portrait Italiens" mit einer knisternden Kombination aus zeitgenössischen Werken und Alter Musik bot das Blockflötenquartett QNG ("Quartet New Generation", bestehend aus Susanne Fröhlich, Andrea Guttmann, Hannah Pape und Heide Schwarz. Auf Blockflöten barocker Bauart begrüssten sie das nicht ganz so zahlreiche Publikum mit "La Lusignola" (Die Nachtigall) von Tarquino Merula (1590-1665), einem freundlichen Renaissance-Stück, das klangrein und leicht intoniert wurde.
Die besondere Qualität des mehrfach preisgekrönten QNG bestand in seinem pointierten und flexiblen Stil von expressiver Ausdruckskraft sowie ihrer Vielseitigkeit. Deutlich wurde dies in dem (in Abänderung des Programms eingefügten) Stück von Vulvio Caldini "Fade control". Dieses Werk, das der Minimal Music zuzuordnen ist, entfaltete eine höchst meditative Wirkung und konnte schon als Höhepunkt des gesamten Konzerts angesehen werden. Die rhythmische Gestaltung solcher Musik erfordert höchste Genauigkeit, die von QNG gemeistert wurde, ohne dass die Musik dadurch statisch gewirkt hätte.
Ein massiver, aber nachvollziehbarer Sprung ergab sich zur verspielten Melancholie in "Anchor che co'l partire" aus dem 16. Jahrhundert von Cipriano de Rore. Und wieder etwas völlig Anderes: die scheinbar schwerelos schwebenden "11 untitled movements" aus dem Jahr 2003, von Andrea Fontemaggi speziell für QNG komponiert. Auf vier unterschiedlich gestimmten Tenorblockflöten wurden zunächst nur Geräusche erzeugt, etwa durch Ansaugen der Luft anstelle des Blasens. Die Musikerinnen verteilten sich dazu im Raum und sprengten damit die akustische Dimension des Kammerkonzertes. Die Musik erschien zunächst völlig unstrukturiert, doch es hat den Anschein, dass es Unstrukturiertheit nicht gibt, bzw. dass der Zuhörer da, wo er keine Struktur vorfindet, sich selbst eine erschafft, die, da sie aus seinem Inneren herrührt, umso intensiver empfunden wird.
Somit ergab sich zur unmittelbar darauf folgenden Mittelalter-Motette "O virum omnimoda" gar kein so deutlicher Stilbruch, wie man es erwartet hätte, und mit den nun wieder harmonischen Klängen wurde das Publikum in die Pause entlassen.
Die zweite Hälfte begann wieder mit Alter Musik, einer Canzona von Giovanni Maria Trabaci (1575-1647), bei der der musikalische Fortschritt zum Mittelalter durch die Einführung der Chromatik, also die Einbeziehung der nicht zur Dur- bzw. moll-Tonleiter gehörenden Halbtöne, erfahrbar wurde.
In dem zeitgenössischen Stück "Non Ti Á Piacato?" von Giovanni Mancuso, Programm-Musik, die für ein ironisch-skurriles Puppentheater komponiert wurde, kamen die modernen Flöten des Flötenbauers Petzold zum Einsatz, wie man sie in Lauterbach beim Auftritt des Ensembles "Flautando" aus Köln bei den Pfingstmusiktagen 2006 erleben konnte. Die eckigen Instrumente aus Sperrolz erlauben mit ihrer raffinierten Klappentechnik sehr virtuoses Spiel, können klanglich jedoch mit den richtigen Blockflöten aus Ahorn, Birne oder anderen Hölzern keinesfalls mithalten. Trotz machner interessanter Passagen und dem eindrucksvoll virtuosen Spiel von QNG blieb dieses Stück für die Zuhörer kaum schlüssig.
Zum Finale gaben die Musikerinnen das Concerto d-moll von Antonio Vivaldi (1678-1741) in einem ausgefuchsten Arrangement für Blockflötenquartett zum Besten. Die durchgängig exquisite Ensembleleistung erbrachte auch hier wieder eine höchst erfreuliche Interpretation.
Mächtiger Applaus hatte noch die Zugabe eines Stückes von Pete Rose aus den USA im Boogie-Woogie-Stil zur Folge. Das Konzert war reich an Überraschungen und unvertrauten Klängen, ohne provokativ zu sein, und kam beim Publikum hervorragend an.
Unvertrautes und Kontraste im Klangbild und Anblick: das Blockflötenquartett QNG im Hohhaus. Bilder: Krauss