Besonders harmonisches Orgel-Konzert in Nieder-Moos
Die „Singphoniker“ und der Organist Franz Raml spannten einen musikalisch weiten Bogen
Das Konzert „Singphonische Klangwelten“ im Rahmen der Nieder-Mooser Orgelkonzerte war nicht ganz zufriedenstellend besucht. Intendant Alexander Eifler hat nach eigenen Worten in diesem Jahr trotz qualitativ besonder hochwertigem Angebot etwas zu kämpfen. Das mag erstaunen, wenn man bedenkt, dass hier regelmässig Top-Interpreten in den Vogelsberg kommen, und Nieder-Moos damit in weitem Umkreis einzig da steht.
Beim Publikum in der Kirche sowie an den Ess- und Getränkeständen davor herrschte jedoch beste Stimmung. Denn die „Singphoniker“ haben zwar bereits 25 Jahre erfolgreiche Bühnenpräsenz hinter sich, in Nieder-Moos waren sie aber noch nie, und das Programm des Männer-Vokal-Sextetts versprach Ungewöhnliches.
Der Auftritt hielt dies auch. Mit Werken aus dem 19. Jahrhundert bis in die Neuzeit spannte das Ensemble zwar keinen historisch allzu weiten, stilistisch aber einen riesenhaften Bogen von der dem mittelalter nachempfundenen Musik Carl Orffs bis zur Pop- und Musical-Musik. Das hervorstechendste Merkmal der „Singphoniker“ war dabei die absolute Klarheit, sowohl stimmlich als auch artikulatorisch. Eine hervorragend einstudierte Phrasierung sowie gefühlvoller Ausdruck gepaart mit Witz und Charme überzeugten das Publikum sofort. Nach Orff unternahmen die „Singphoniker“ einen Streifzug durch die Romantik mit einigen der wesentlichen Vertretern für Chormusik. Die interpretationen von Fanz Schuberts „Rundentanz“ und Robert Schumanns „Die Lotosblüte“ zeugten von Kompetenz und Einfühlsamkeit, Johannes Brahms’ Volksliedbearbeitungen hat man kaum je besser gehört: markant, transparent, kunstvoll und dennoch den Volkston nicht verleugnend. Mit dem spätromantischen „Lied der Freundschaft“ von Richard Strauss erklang ein weiterer Höhepunkt der ersten Konzerthälfte.
Danach wurde es amerikanisch. Dabei bezeugten Alfons Brandl (Tenor), Hubert Nettinger (Tenor), Manuel Warwitz (Tenor), Michael Mantaj (Bassbariton), Christian Schmidt (Bass) und Berno Scharph (Bariton), dass sie der moderneren und auch der Unterhaltungsmusik mit gleicher Achtung gegenüber treten wie den alteuropäischen Werken. „The Lark“ von Leonard Bernstein geriet mitreissend, und die Titel von Pop-Komponisten wie Randy Newman, Sting und Stevie Wonder wurden in ausgefeilten Arrangements originell, lebendig und klangschön umgesetzt. Ihre Vorliebe für das Popmusikduo Paul Simon und Art Garfunkel offenbarten sie zum Ende mit ausgezeichneten Versionen ihrer Lieder.
Auf ähnliche Weise unbefangen gestaltete Franz Raml seinen Auftritt an der Orgel. In seiner oberschäbischen Heimat spielt er ein Instrument, das gerade einmal ein Jahr jünger ist als die Denkmalsorgel von 1792, dennoch hatte er anfangs mit dem kleinen Pedal und den Tücken der historischen Mechanik ein wenig zu kämpfen. Das minderte jedoch nicht den Eindruck filigraner und kompetenter Spielweise in geschickter Farbgebung bei Jean Langlais und Jean Janca (* 1933). Eindrucksvoller gelang noch die Auswahl aus Bela Bartoks „Mikrokosmos“, wobei das stark rhythmisierte Spiel trefflich mit dem Gesang der „Symphoniker“ korrespondierte. Bei den drei Preludes von George Gershwin legte Raml das zweite, ruhigere, vielleicht etwas arg schwerfällig an, sonst bestach er jedoch durch Virtuosität und Entschlossenheit. Seine Literaturauswahl war also gar nicht historisierend, sondern ebenfalls offen für Modernes und Unvertrautes sowie fein abgestimmt auf die anderen Konzertbeiträge.
Somit wurde es ein besonders harmonisches, in sich stimmiges und nach außen offenes Konzert, das dem Publikum manchen Einblick und beste Unterhaltung bot. Erst nach mehreren Zugaben durften die Musiker ziehen.
Weitere Informationen über das Programm in Nieder-Moos findet man unter www.niedermooser-orgelkonzerte.de.
Martin Krauss
Kompaktheit und Klarheit waren die besonderen Qualitäten der „Singphoniker“.
Kompetentes und virtuoses Spiel auf der Denkmalsorgel von Franz Raml.