Metamorphose des Materials und Huldigung der Natur
Katja Wickert stellt ihre Objekte im Lauterbacher Weinkontor aus – erfolgreiche Vernissage
Zur Vernissage der mittlerweile dritten Kunstausstellung im Lauterbacher Weinkontor konnte Inhaber Dirk Kurzawa rund vierzig Gäste begrüßen. Im besonderen Ambiente der Weinhandlung wurden die Besucher mit außergewöhnlichen Werken überrascht: sorgsam gestaltete Holzblöcke, die meist paarweise die Wänden zieren. Arbeiten anderer Formate und Techniken waren in einer ausgelegten Mappe zu sehen.
Nach dem Studium der Malerei und Grafik an der Freien Akademie der bildenden Künste in Essen mit dem Abschluss als Meisterschülerin beteiligte sich Katja Wickert an der airport art / Frankfurt - Olympia, Kunst und Griechenland - mit internationalen Künstlern im Jahr 2004. Es folgten Gemeinschaftsausstellungen im Vonderau-Museum Fulda, Kunstverein Bocholt und Kunstverein Fulda sowie Einzelausstellungen in der Kunstakademie Essen, in Wuppertal, Düsseldorf und Köln.
Die Laudatio hielt die Kunsthistorikerin Tania Schmitz aus Bad Salzschlirf. Ausgehend vom Motto der Ausstellung „Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise...“, einem Vers aus Hermann Hesses bekanntem Gedicht „Stufen“, verwies sie speziell auf das Hauptthema in Wickerts Werk, den Kreislauf der Natur und des Lebens, der in der Struktur von natürlichen Materialien eine eigene Textur finde. Nicht nur das Holz der gestalteten Blöcke, sondern auch die Materialen für die Farbgebung und weitere Gestaltung hätten ja bereits eine Geschichte und Metamorphosen hinter sich: Mamormehl, Kalkstein, Sand und Asche als temporäre Ausformungen des Seins. Aus der Prämisse der Künstlerin von der Schönheit des Vergänglichen und ihrer langsamen, immer wieder verändernden Arbeitsweise ergebe sich die östliche Weisheit vom Weg als Ziel und biete dem Betrachter die Möglichkeit, den Weg mit zu beschreiten.
Katja Wickert (li.) und Tania Schmitz (re.)
Die Werke von Katja Wickert entfalteten an den teils farbigen Wänden im Weinkontor ihre Kraft tatsächlich nicht sofort, nicht auf den ersten, schnellen Blick. Sie stehen im Spannungsfeld zwischen Bild und Skulptur und sind im Schaffensprozess Wickerts aus rein zweidimensionaler Gestaltung hervorgegangen. Dann erfolgte die Weiterentwicklung zu Objekten aus dem Holz dicker, langer Balken, die zu Blöcken zersägt und einem langen, bis zu einem Jahr dauernden Veränderungsprozess unterzogen werden. Sie werden mit Farbpigmenten, Steinstaub und -mehl behandelt, meistens mit der Spachtel, manchmal gar kurz ins Feuer geworfen, den Entwicklungen des Alterns überlassen und wieder neu behandelt sowie untereinander kombiniert. Irgendwann, so Wickert, erkenne sie dann, dass die Objekte so, wie sie geworden sind, fertig und richtig sind. Dann tragen sie eine individuelle Gestalt, die sowohl das Ursprungsmaterial als auch die Veränderungsprozesse spiegelt, die im wörtlichen wie im übertragenen Sinne Tiefe zeigt und Assoziationen hervorruft. Damit legt der Betrachter gleichsam die letzte Hand an das Werk, was ein spannender Prozess sein kann.
Ein weiterer Aspekt des Schaffens von Katja Wickert findet in der Ausstellung ebenfalls Berücksichtigung: Arrangements von Fundstücken aus der Natur wie Pflanzenteile, Steine und Tierreste. Nicht etwa in der Verfremdungsabsicht des objet trouvé der Surrealisten, sondern eher als Huldigung an die Ästhetik der Natur zu verstehen.
Sehr fein fügte sich in die angeregte Atmosphäre der Eröffnung auch die Musikbegleitung durch Laura Sophia Sauer auf dem Piano mit Stücken des Schweizer Komponisten David Plüss. Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten des Lauterbacher Weinkontors in der Obergasse noch bis zum 12. März 2011 zu sehen.
Bilder: Krauss