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„Ohne Öl und Strom läuft auch der Sex wieder wie geschmiert“

Thilo Seibels komische Ölkrise - Kein Benzin in Sicht, und Lauterbach lachte

Von Gerhard Otterbein

Noch nie war eine Katastrophe so komisch: Hurra! Hurra! Das Öl ist aus! - lautete das Programm des Kabarettisten Thilo Seibel, der in Lauterbachs Kulturstation in wahnwitzigen Theorien das Versiegen einer der Hauptenergiequellen der Menschheit ausmalte. Anstatt eines düsteren Szenarios eröffnete er ganz neue Perspektiven, die so gar nichts von einer Ölkrise hatten.

Der gebürtigen Münchner nahm den Zuhörern die Angst vor dem Damoklesschwert, das die Menschen in geschätzten 50 Jahren treffen wird. „Alles wird gut“, lautete die Botschaft des scharfsinnigen Komikers. Ohne Öl und Strom läuft auch der Sex wieder wie geschmiert, behauptete der Mann, der angeblich auf dem Rücksitz eines VW-Käfers gezeugt wurde, und deshalb so klein geblieben ist.

„Klein aber oho!“, „Super, Thilo!“, meinten die Zuschauer; auch wenn uns in Zukunft das Benzin ausgeht. Ob die Thesen Realität werden, mag dahingestellt bleiben. Das Unterhaltungskonzept des Wahlkölners ging zumindest auf: fatale Aussichten als Rohstoff für endlose Lachanfälle. Einer der besten Politkomiker hatte Station am Südbahnhof gemacht.

Hauptsächlich richteten sich seine bissigen Kommentare gegen Guido Westerwelle und Angela Merkel, die er sogar stimmlich imitierte. Schwarz und Gelb sind nicht seine Farben. Dazu zählte auch das Zeichen für atomare Energie, schwarz auf gelbem Grund. Was ihn aber noch mehr beunruhigte war nicht das Ende der Ölvorkommen, sondern der Ton auf Berlins Politbühne, der mittlerweile das Niveau von Dieter Bohlen unterschreite. Ein Publikum mit Drogenerfahrung, stellte Seibel fest bei seiner Ausführung über Kleidung, speziell Unterhosen, aus Hanf. Das warf die Frage auf: Soll man den berauschenden Slip vor oder nach dem Tragen, mit oder ohne Bremsspur, rauchen. Viele Klischees wurden bedient. In Zukunft werden bei Elektroautos Lautsprecher außen angebracht, und man kann per „MP3“ zwischen 6 000 verschiedenen Motorensounds wählen. Denn nichts wäre schlimmer für einen Autofahrer mit türkischen Wurzeln, als wenn sich der folgende Dialog ereignen würde: „Was guckst du? Hastu tiefer gelegt, was? Lass mal hören!“ - „Surr...“.

Zwischen den Zeilen präsentierte Thilo Seibel Statistiken, Fakten und Zahlen, die dem Ulk eine Portion Ernsthaftigkeit beimischten. Die Effizienz eines Automotors beträgt maximal ein Drittel. Zwei Drittel des Öls werden als heiße Luft in die Umwelt geblasen. Der Wahnwitz der Ölmultis hat mit der Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko noch nicht seinen Höhepunkt erreicht. In Kanada werden Unmengen Wald in Naturschutzgebieten gerodet, um Ölsand und Ölschiefer abzubauen. Mit dem Ergebnis: großer Aufwand, kleine Ölmengen.

Zum Glück ist das Öl noch nicht aus. Demzufolge konnte Thilo Seibel mit dem Auto anreisen. Er nannte zwei gute Gründe dafür: Nachts wieder nach Köln zurück zu müssen - und am Südbahnhof fehlten die Gleise.

Dem Lauterbacher Kulturverein ist es gelungen, mit Seibels Verpflichtung gegen die Fußball-WM anzutreten. Zumindest waren die, die den Weg in den Südbahnhof gefunden hatten, der Meinung: 5:0 für die Kultur.

Am Samstag, dem 19. Juni, um 20.30 Uhr gastiert das Balkan-Quartett Out of Oro in der Kulturstation.

Fotos: Krauss