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Bauernschläue, Humor und Zärtlichkeit prägten die Lesung aus „Suleyken“
Klassiker von Siegfried Lenz in überzeugender Interpretation durch Schwethelm und Crostewitz
Die musikalische Lesung aus den Geschichten „So zärtlich war Suleyken“ von Siegfried Lenz im Programm des Kulturvereins Lauterbach im Rokokosaal des Hohhauses erfreute sich sehr guten Besuchs. Für den Veranstalter begrüßte Martin Krauss die Gäste, bedankte sich beim Hohhaus-Museumsverein für die Möglichkeit, diesen sehr geeignten Raum nutzen zu dürfen, und stellte die Künstler vor.
Lilli Schwethelm war vielen Lauterbachern bereits von Auftritten mit dem Theater Mimikri bekannt. Ihr musikalischer Begleiter, der Gitarrist, Komponist und Musikproduzent Georg Crostewitz aus Frankfurt ist Mitbegründer der Funk-Band „Leaf“ und als Produzent von Musik für das Schulfernsehen und andere Projekte bekannt.
Lilli Schwethelm, die ihre Schauspiel-Ausbildung in Polen absolviert hat, betonte in ihrer Begrüßung, dass Siegfried Lenz sich stets um die Aussöhnung mit Polen bemüht hatte. Diese Texte bedeuteten ihr persönlich sehr viel. Seine Geschichten aus dem fiktiven Dorf „Suleyken“ gelten auch bei der Literaturkritik als mit seine stärksten Werke.
Diese Geschichten, von denen Schwethelm die erste, neunte, vierzehnte, fünfzehnte und achtzehnte vortrug, zeichnen sich durch Originalität, Witz, Menschlichkeit und Wärme aus. Sie treffen den charakteristischen Tonfall und die Denkweise der masurischen Landbevölkerung, eine Mischung aus Naivität und Bauernschläue, aus fast anarchischer Unverfrorenheit und Sturköpfigkeit einerseits und andererseits aus Zartheit, Menschlichkeit und Einfühlsamkeit.
Lilli Schwethelm verstand es, mit ihrer fast szenischen Lesung, die großes Gewicht nicht nur auf Betonung, sondern auch auf Mimik und eine ausgefeilte Dramaturgie legte, diese Elemente lebendig auszuarbeiten. Durch die Art, wie sie die teilweise doch etwas grotesken Gedankengänge vermittelte, fühlten sich die Zuhörer rasch heimisch in dem Dorf abseits des großen Weltgeschehens. Der leise ironische Unterton kam ebenso zur Geltung wie die Derbheit der Lebensumstände. Manchmal nahe an der Grenze zur Überzeichnung, aber stets mitempfinbar berichtete sie von der fast nonverbalen Annäherung eines jungen Liebespaares, dem Fiasko eines Zirkusauftrittes, der rebellischen Kinderhorde, die sich nicht impfen lassen möchte oder von der Schulerziehung, die oft allzu praktisch ausgelegt war.
Markant, aber dennoch unaufdringlich unterlegte Georg Crostewitz die Lesung mit Geräuschen und Musik auf der Gitarre, die er warm und ausdrucksvoll zu spielen versteht, mit Percussion sowie mit zahlreichen Kleininstrumenten. Seine Erfahrung im Sektor Hörspiel kam ihm hierbei sicherlich zugute. Sei es die atmosphärisch verdichtende, zarte Gitarrenweise, sei es das Klopfen und Stampfen aus der Erzählung oder der kraftvolle Zirkusmarsch, stets fügten sich die Töne wie selbstverständlich in die Erzählung und erweiterten das Literaturerlebnis.
Das Publikum, von denen viele die Texte mehr oder weniger von früher kannten oder die sie sogar extra zur Veranstaltung abermals gelesen hatten, lauschten verzückt und waren danach begeistert von der ebenso plastischen wie einfühlsamen und humorvollen Darstellung.
Martin Krauss